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OLDIEMARKT - Review 08/2009

Die Umsonst & Draussen-Festivals im westfälischen Vlotho und Porta Westfalica von 1975-1979 waren ein Treffpunkt der alternativen Bewegung.

Zeitgeist und Rockmusik sind schon immer eine unverbrüchliche Partnerschaft eingegangen. Musik, die da nicht hinein passt, hat keine Chance auf Erfolg und dasselbe gilt fir Festivals und Konzerte. Das beste Beispiel dafür ist Woodstock, das den Nerv der Jugend so genau auf den Punkt traf, dass es bis heute das Rockfestival schlechthin wurde, unbeschadet der Tatsache, dass das Wetter kühl und regnerisch und die hygienischen Bedingungen gewiss nicht die besten waren. Ähnlich wie Woodstock stand auch der Name Vlotho lange Zeit für eine bestimmte Art des Rockfestivals. Das Ganze begann 1975, als die in Vlotho beheimatete Band Hammerfest ein Festival veranstalten wollte. Weil ihr klar war, dass der eigene Namen nicht reichen würde, um mehr als ein paar hundert Leute anzuziehen, wandten sie sich an möglichst bekannte Musiker. Prompt sagten Bands aus der alternativen Ecke wie Embryo und Missus Beastly zu und das erste Umsonst & Draußen-Fest in der Vlothoer Kiesgrube fand statt. Von Anfang an war es schon vom Ansatz her keines der üblichen Rockfestivals, sondern entwickelte sich über die Jahre zu einem Treffpunkt für die alternative Szene Deutschlands, da die ursprünglichen Ideengeber Hammerfest im Politrock unterwegs waren. 1975 waren es 2000 Menschen, 1979, beim letzten, strömten 100.000 Menschen dorthin, um sich die Musik anzuhören und vor allem Gleichgesinnte zu treffen, denn von Anfang an fungierte Umsonst & Draußen als Infozentrale für die Szene. Um die Unkosten zu decken, veröffentlichte die Musikerinitiative Ostwestfalen-Lippe von den Festivals bis 1978 zwei LPs und zwei Doppelpacks mit der Musik, die in Vlotho und später Porta Westfalica gespielt wurde. Diese Alben bilden den Inhalt der 4 CD- Box Aufbrüche! (Sireena/Broken Silence 12605), die zudem ein Booklet mit Infos und Fakten über die Festivals enthalt. Zweifellos waren die vier Ereignisse für die Szene das zentrale Treffen für das jeweilige Jahr, aber gleichzeitig waren die musikalischen Limitationen aufgrund der politischen Einstellung gravierend und zeigen sich auch auf der Box. Es herrschte der improvisierte Rock mit Jazz-Zugaben vor, wobei besonders die Gruppen des April- (später Schneeball) Labels den Ton angaben. Auf der anderen Seite stellte sich aber auch fast alles aus dieser Richtung in Vlotho und Porta Westfatica vor. Das Problem dieser CDs ist, dass sie einen wichtigen Bestandteil der Veranstaltung nicht einfangen können. Denn, wie schon des Öfteren angesprochen, funktionierte das Ganze auch jenseits der Musik, weil es als Infobörse genauso funktionierte wie als Stelldichein der gesamten alternativen Szene. Nach den ersten Festivals war die politische Unterstützung in Vlotho nicht mehr gegeben, so dass man nach Porn Westfalica auswanderte, wo eine Kiesgrube das ideale Umfeld für die Feste abgab. Von da an war Umsonst & Draußen ein fester Bestandteil der alternativen Musikszene bis 1979, als das Ganze an seinem Erfolg zugrunde ging. Es fehlten zum einen die Finanzen und zum anderen auch der politische Wille der Stadt Porta Westfalica, um das Defizit der Veranstalter zu decken. So blieb Umsonst & Draußen bis heute eine geglückte Utopie, die erstaunlicherweise für alle Beteiligten funktionierte, wobei es aber von Anfang an ein finanzielles Problem gab. Solange Vlotho und später Porta Westt'aliea dieses deckten, war alles in Ordnung, aber sobald die Besucherzahl eine gewisse Größenordnung erreichte, war sowohl die Hygiene als auch das Umfeld nicht mehr ausreichend und so konnte der ursprüngliche Ansatz, ein Fest für Freunde von Freunden zu veranstalten, nicht mehr umgesetzt werden. Die Nachwirkungen aber waren gewaltig: Die Idee der Kooperative fiel bei Embryo und ihrem Manager Ottmar Schreckeneder auf fruchtbaren Boden: April war sicher auch von Umsonst & Drogen angestoßen worden. Bis heute gibt es Schneeball 2, das nach wie vor von Ottmar Schreckeneder betreut wird. Und weil vor 30 Jahren das letzte der Umsonst & Draußen-Feste stattfand, wird es in diesem Jahr ein weiteres Treffen geben. Vom 31. Juli bis zum 2. August soll die Idee in Porta Westfalica wieder belebt werden. Fraglos ist, dass der ursprüngliche Einfall fantastisch war, weswegen er auch die Lawine in Gang setzte, die aus dem anfänglichen Konzert wurde. Doch wie alle große Ideen zog auch diese einen Rattenschwanz von Konsequenzen nach sich. Am Ende gab es zu viele, die Profite machten und sich nicht um das Ganze kümmerten.